Gastbeitrag von Hratsch Ohanjan, Geschäftsführer von FIRE Finanzberatung
Den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, ist mutig – und bringt viele neue Herausforderungen mit sich. Gerade in der Anfangsphase machen viele Gründerinnen typische Finanzfehler, die langfristig teuer werden können.
Woher ich das weiß? Ich bin Hratsch, Anlage- und Honorarberater seit knapp 10 Jahren, und ich sehe es immer wieder: bei Bekannten, Freunden, Kooperationspartnern – und bei neuen Klientinnen, bevor sie unsere Beratung in Anspruch nehmen. Diese Fehler passieren nicht, weil diese Menschen dumm oder faul sind. Im Gegenteil: Sie sind oft engagiert, motiviert und sehr kompetent in ihrem Fachgebiet. Aber Finanzen sind ein extrem umfangreiches und komplexes Thema – und im stressigen Unternehmeralltag fehlt oft einfach die Zeit, sich in alle Details gründlich einzuarbeiten.
Damit dir das nicht passiert, erfährst du in diesem Beitrag, welche fünf Finanzfehler du als Jungunternehmer*in unbedingt vermeiden solltest – und wie du es besser machst.
Fehler #1: Keine Rücklagen aufbauen
In der Euphorie des Gründens investieren viele jeden verdienten Euro direkt zurück ins Unternehmen. Das erscheint auf den ersten Blick sinnvoll: Wer schneller wächst, hat schließlich bessere Chancen auf dem Markt. Doch ohne finanzielle Puffer kann schon ein einziger schlechter Monat existenzbedrohend werden. Ein geplatzter Auftrag, eine kurzfristige Investition oder ein krankheitsbedingter Ausfall – und plötzlich steht die gesamte Existenz auf der Kippe.
Was du stattdessen tun solltest:
Baue von Anfang an gezielt Rücklagen auf – und zwar getrennt für Privat und Business.
- Private Rücklagen: Hier solltest du mindestens drei bis sechs Monate deiner privaten Fixkosten (z. B. Miete, Energie, Handy, Lebensmittel, Mobilität, etc.) absichern. Diese Rücklage schützt deine persönliche Lebensgrundlage, unabhängig davon, was im Unternehmen passiert.
- Betriebliche Rücklagen: Zusätzlich solltest du für dein Unternehmen einen finanziellen Puffer aufbauen, der die wichtigsten laufenden Kosten wie Büromiete, Gehälter oder Softwarelizenzen für einige Monate deckt.
Eine saubere Trennung dieser beiden Rücklagen sorgt dafür, dass du im Ernstfall flexibel bleibst und nicht gleichzeitig deine private Existenz und dein Business gefährdest.
Fehler #2: Steuern und Sozialabgaben unterschätzen
Gerade zu Beginn der Selbstständigkeit konzentrieren sich viele Gründer*innen voller Energie auf ihr Geschäft: neue Kunden gewinnen, Produkte entwickeln, Dienstleistungen anbieten.
Was dabei oft in den Hintergrund rückt: die Steuern und Sozialabgaben. Viele vergessen, dass das Geld auf dem Geschäftskonto nicht komplett ihnen gehört. Ein Teil davon – und zwar leider ein großer – ist für das Finanzamt reserviert.
Das böse Erwachen kommt dann spätestens mit der ersten Steuererklärung oder bei der Aufforderung zu Steuervorauszahlungen – und wenn dann plötzlich mehrere tausend Euro fällig werden, kann das die Liquidität deines Unternehmens massiv gefährden.
Was du stattdessen tun solltest:
Plane von Anfang an realistisch mit deinen steuerlichen Verpflichtungen. Eine einfache und bewährte Methode: Überweise bei jedem Zahlungseingang sofort einen prozentualen Anteil auf ein separates Steuerkonto. Als Faustregel kannst du folgendes einplanen:
- Einkommensteuer und Sozialversicherung: Lege von Anfang an etwa 30-40% deines Gewinns für Steuern und Sozialversicherung zurück. So kannst du sicherstellen, dass du auch bei späteren Nachzahlungen oder bei steigendem Gewinn genug Puffer hast.
- Umsatzsteuer: Lege zusätzlich 20% deiner Ausgangsrechnungen auf die Seite, falls du umsatzsteuerpflichtig bist.
Es lohnt sich, hier konservativ zu rechnen – lieber etwas zu viel zurücklegen als zu wenig. Außerdem empfehle ich, frühzeitig eine/n Steuerberater*in und Finanzplaner*in (wie z.B. Anna) hinzuzuziehen. Gute Beratung spart dir nicht nur Geld, sondern auch Zeit und Nerven.
Fehler #3: Versicherungen vernachlässigen
Gerade am Anfang einer Selbstständigkeit ist es verlockend, an den Versicherungen zu sparen. Schließlich muss jeder Cent sinnvoll investiert werden, um das Unternehmen zum Wachsen zu bringen. Doch wer sich nicht frühzeitig um seine Absicherung kümmert, riskiert, dass im Falle eines Unfalls, Schadens oder rechtlicher Auseinandersetzungen das finanzielle Fundament seines Unternehmens schnell ins Wanken gerät.
Was du stattdessen tun solltest:
Denke daran, dass eine gute Absicherung dein Unternehmen und dein Privatleben vor unvorhergesehenen Ereignissen schützt. Gerade in den ersten Jahren, in denen du noch nicht so viel Rücklagen gebildet hast, ist der Abschluss der richtigen Versicherungen ein wichtiger Schritt, um sich für den Ernstfall abzusichern. Folgende Versicherungen solltest du auf den Schirm haben:
Gewerbliche Haftpflichtversicherung: Diese Versicherung schützt dich vor den finanziellen Folgen von Schäden, die du während deiner beruflichen Tätigkeit verursachst. Besonders in Beratungsberufen oder bei freiberuflichen Tätigkeiten ist sie unverzichtbar, da du für Fehler haftbar gemacht werden kannst.
Rechtsschutzversicherung: Als Jungunternehmer*in könntest du irgendwann mit rechtlichen Auseinandersetzungen konfrontiert werden – sei es mit einem Kunden, einem Lieferanten oder sogar mit einem Wettbewerber. Eine Rechtsschutzversicherung hilft, die Kosten für Anwalts- und Gerichtskosten zu decken und gibt dir die nötige Sicherheit, um Konflikte ohne finanzielle Sorgen anzugehen.
Unfallversicherung: Wenn du viel unterwegs bist, Sport treibst oder generell ein höheres Verletzungsrisiko hast (z. B. Wandern, Klettern oder ähnliche Aktivitäten), solltest du dir den Abschluss einer privaten Unfallversicherung überlegt. Sie schützt dich im Falle eines Unfalls, sowohl bei der Arbeit als auch in der Freizeit. Gerade als Selbstständige*r ist es wichtig, auf unerwartete gesundheitliche Rückschläge vorbereitet zu sein.
Eine gute Versicherung ist eine Investition in deine Zukunft – sie schützt nicht nur dein Einkommen, sondern auch deine langfristige Existenz. Dennoch solltest du es nicht übertreiben und nur die Versicherungen wählen, deren abzudeckendes Risiko du finanziell nicht selbst stemmen könntest.
Fehler #4: Privat- und Geschäftskonten vermischen
Ein weiterer Fehler von Jungunternehmer*innen ist, ihre privaten und geschäftlichen Finanzen nicht klar voneinander zu trennen. Anfangs mag es verlockend sein, einfach das private Konto auch für Geschäftszahlungen zu nutzen, da es unkompliziert und schnell geht. Doch das kann langfristig zu großen Problemen führen.
Wenn du private und geschäftliche Ausgaben auf einem Konto vermischst, verlierst du schnell den Überblick über deine Geschäftstransaktionen. Das macht es schwieriger, deine Buchhaltung zu führen und Steuererklärungen korrekt einzureichen. Außerdem kann das Finanzamt Schwierigkeiten machen, weil es keine klare Trennung gibt und es in gewissen Fällen so aussehen könnte, als würdest du private Ausgaben von deinem Unternehmen abziehen.
Was du stattdessen tun solltest:
Eröffne ein separates Geschäftskonto und nutze dieses ausschließlich für alle geschäftlichen Einnahmen und Ausgaben. So behältst du nicht nur den Überblick über deine Finanzen, sondern erleichterst dir auch die Steuererklärung und den Nachweis gegenüber dem Finanzamt. Falls du zudem mit anderen Unternehmen zusammenarbeitest, kann ein Geschäftskonto auch ein professionelles Image vermitteln und dir helfen, Vertrauen bei Geschäftspartnerinnen und Kundinnen aufzubauen.
Fehler #5: Zu spät an Altersvorsorge denken
Als Jungunternehmerin ist es verständlich, dass du dich zunächst auf den Aufbau deines Unternehmens und die kurzfristige Liquidität konzentrierst. Doch oft wird das Thema Altersvorsorge dabei hintenangestellt. Dies ist ein Fehler, der langfristig teure Folgen haben kann. Je länger du wartest, desto schwieriger wird es, eine ausreichende Altersvorsorge aufzubauen. Besonders wenn du als Selbstständiger keine staatliche Pensionsversicherung in dem Umfang wie Angestellte in Anspruch nehmen kannst, musst du frühzeitig dafür sorgen, dass du im Alter abgesichert bist. Wenn du erst in den späteren Jahren beginnst, in die Altersvorsorge zu investieren, fehlen dir die Vorteile des Zinseszinseffekts, der durch regelmäßige, frühe Einzahlungen über die Jahre hinweg entsteht.
Was du stattdessen tun solltest:
Beginne schon früh mit der Altersvorsorge – auch wenn du am Anfang noch nicht viel zurücklegen kannst. Schon kleine, regelmäßige Beträge können sich durch den Zinseszinseffekt über die Jahre erheblich summieren. Und je früher du damit beginnst, desto weniger musst du später aufwenden, um dir eine ausreichende Rente aufzubauen.
Aber Achtung! Lass die Finger von teuren Versicherungspolizzen. Gerade zu Beginn ist es verlockend, in „bekannte“ Produkte wie Lebensversicherungen zu investieren. Allerdings haben diese Produkte meistens hohe Gebühren, eine niedrigere Rendite und wenig Flexibilität. Du könntest dir stattdessen überlegen, in ETFs zu investieren. ETFs (Exchange Traded Funds) sind kostengünstig, breit diversifiziert und bieten eine gute Möglichkeit, von den globalen Märkten zu profitieren.
Achte jedoch darauf, dass du weißt, was du tust. Wenn du dich nicht tiefgehend mit ETFs oder dem Kapitalmarkt im Allgemeinen auskennst, empfiehlt es sich, entweder etwas Zeit in die Recherche zu investieren oder einen Honorarberater zu beauftragen. Ein Honorarberater kann dir helfen, einen individuellen, auf deine Bedürfnisse zugeschnittenes Portfolio zu entwickeln, ohne dich in undurchsichtige, teure Produkte zu drängen.
Fazit: Mit klugen Finanzentscheidungen langfristig erfolgreich
Finanzielle Fehler am Anfang können die Entwicklung deines Unternehmens massiv bremsen oder sogar gefährden. Die gute Nachricht: Mit etwas Wissen und Disziplin kannst du Finanzfehler vermeiden. Wenn du von Anfang an auf eine solide Finanzstrategie setzt, legst du den Grundstein für nachhaltigen unternehmerischen Erfolg – und persönliche Freiheit.
Ich weiß, das ist alles sehr viel und die richtige finanzielle Planung kann überwältigend wirken. Wenn du Hilfe bei der Umsetzung benötigst oder dir unsicher bist, wie du die besten Schritte für deine finanzielle Zukunft gehst, dann melde dich gerne bei uns. Wir arbeiten unabhängig und provisionsfrei – das heißt, bei uns gibt es keinen Produktverkauf, sondern ehrliche, transparente und honorarbasierte Beratung auf Augenhöhe.
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